Freispruch für Abschiebe-Gegner*innen

Göttinger Antifa-Newsletter #14 / 03.07.2017

Am 08.06.2017 wurde vor dem Amtsgericht ein politischer Prozess gegen vier Aktivist*innen eröffnet. Dieser wurde am heutigen Montag, den 03.07.2017 beendet.
Der erste Aktivist war wegen Sachbeschädigung angeklagt, weil er einen Aufkleber mit der Aufschrift „Kein Werben fürs Sterben“ auf eine Plexiglasscheibe vor einem Bundeswehrplakat geklebt haben soll. Da sowohl das Plakat als auch die Scheibe keinen Schaden davon getragen haben – wie auch ein sachkundiger Zeuge bestätigen konnte – wurde er natürlich freigesprochen.
Die drei Abschiebegegner*innen, die mit ihm auf der Anklagebank saßen, wurden des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der Körperverletzung bei der verhinderten Abschiebung im Neuen Weg bezichtigt. Im Verlauf des Prozesses konnte allerdings erneut gezeigt werden, dass nicht die Abschiebegegner*innen, sondern die eingesetzten BFE-Beamten massiv rechtswidrig gehandelt haben. Da das Zusammentreffen der AbschiebegegnerInnen als politische Versammlung zu werten ist, hätte diese vor sämtlichen Maßnahmen aufgelöst und unmittelbarer Zwang angekündigt werden müssen. Da dies nicht geschah, sondern die Göttinger BFE-Einheit unmittelbar nach dem Betreten des Hauses in eine Gewaltorgie ausbrach, wurden die Widerstandshandlungen durch den Richter als legitim und die Körperverletzungen durch Bisse in Finger während angewendeter
Schmerzgriffe, sofern diese überhaupt bewusst ausgeführt wurden, als Notwehr anerkannt. Ein gezeigtes Video konnte darüber hinaus beweisen, dass eine Angeklagte eine Körperverletzung in Form eines Schlages gegen einen Polizisten nicht ausgeführt hat. Ein als Zeuge geladener BFEler hatte zuvor ausgesagt, er könne die Angeklagte zu 100% identifizieren, sie wäre ihm durch ihre auffälligen, bunt gefärbten Haare und die komplett dunkle Kleidung in Erinnerung geblieben. Das Video zeigt jedoch, dass sie keine gefärbten Haare hatte und ein gelbes T-Shirt trug. Da auch weitere Vorwürfe gegen die vierte Aktivistin begründete Zweifel an einer Verurteilung ließen, wurden alle Anschuldigungen gegen sie auf Staatskosten und ohne Auflagen eingestellt.

In dem Abschlussplädoyer wies eine Verteidigerin auf die zweifelhafte Fehlerkultur bei der Polizei Göttingen hin. Einige der Zwangsmaßnahmen der BFE-Polizisten waren in der Vergangenheit schon vor dem Verwaltungsgericht als rechtswidrig eingestuft worden, was die Polizei Göttingen auch eingestand. Die ausführenden Beamten wurden darüber allerdings offensichtlich nicht einmal informiert. Selbst aus richterlich anerkannten Straftaten der Göttinger BFE-Polizisten folgen offenbar keinerlei Konsequenzen für folgende Einsätze dieser brutal agierenden Truppe.

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