Pressemitteilung des Integrationsrates Göttingen

Entscheidung des Ausschusses für Soziales, Integration, Gesundheit und Wohnungsbau für den Erhalt der Siekhöhe

Der Integrationsrat ist entsetzt über die Entscheidung des Ausschusses für Soziales, Integration, Gesundheit und Wohnungsbau für den Erhalt der Flüchtlingsunterkunft in der Siekhöhe.

Ohne Not und trotz bestehender Alternativen werden mit dieser Entscheidung Standards der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen herabgesetzt und Schutzrechte für Flüchtlinge ignoriert. Die Stadt möchte die Flüchtlingsunterkunft Siekhöhe als kommunale Erstaufnahme und Clearingstelle nutzen. Dazu:

  1. Eine kommunale Erstaufnahme ist im Asylverfahren nicht vorgesehen, sondern erfolgt bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder. Die Erstaufnahme der Flüchtlinge in den Ländern dient vor allem der Datenerfassung, der Asylantragstellung, der medizinischen Untersuchung/Erstversorgung, der Identifizierung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge nach der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33 (Clearing) und der Verteilung auf die Kommunen.
  2. Das Clearingverfahren dient der frühzeitigen Identifizierung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge nach der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33, die seit Juli 2015 in Deutschland umgesetzt werden muss. Das Clearingverfahren erfolgt mit qualifizierten Instrumenten und Methoden und wird einschl. notwendiger Diagnostik von professionellem Fachpersonal durchgeführt. Das Clearingverfahren soll sicherstellen, das bereits bei der Verteilung die besondere Schutzbedürftigkeit der Flüchtlinge bei der Unterbringung und Versorgung in den Kommunen sicher gestellt ist.
  3. Nach den Ergebnissen des Clearing und den Kriterien der EU-Aufnahmerichtlinie dürften mind. 60 Prozent der nach Göttingen kommen Flüchtlinge zu den besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen (z.B. Opfer jeglicher Gewalt, Flüchtlinge mit Traumfolgestörungen, Schwangere, Minderjährige, Alleinerziehende mit Minderjährigen Kinder, Alte (ab 65 Jahre), Kranke und Flüchtlinge mit Beeinträchtigungen) gehören. Will man der Intention der EU-Aufnahmerichtlinie folgen und den Menschen, den besonderen Schutzstatus gewähren, so darf man sie gar nicht in der Flüchtlingsunterkunft Siekhöhe unterbringen.
  4. Bei einem eigenen kommunalen Clearing besteht die Gefahr, dass definierte und bereits identifizierte Schutzrechte der Flüchtlinge ignoriert werden. Ein Clearing, das nicht den qualitativen Methoden der Anamnese und Diagnostik durch Fachkräfte folgt und nicht den Kriterien der EU-Aufnahmerichtlinie entspricht, lehnen wir ab. Das gilt insbesondere dann, wenn das Clearing von der Leistungsbehörde (Sozialamt) und dem Betreiber der Flüchtlingsunterkunft Siekhöhe durchgeführt wird.
  5. Werden mit  der Flüchtlingsunterkunft Siekhöhe nicht nur die Standards der Unterbringung von Flüchtlingen deutlich herabgesetzt sondern auch die Standards der sozialen Betreuung. Während in allen anderen Flüchtlingsunterkünften zu Recht professionell ausgebildete SozialarbeiterInnen tätig sein müssen, wird in der Siekhöhe darauf verzichtet. Dass gerade in einer Unterkunft mit so eklatant schwierigen Wohn- und Lebensbedingungen auf professionelle Sozialarbeit mit Flüchtlingen verzichtet wird, ist nicht tragbar.
  6. Hat der Ausschuss mit seiner gestrigen Entscheidung ein Notlager für Flüchtlinge als Standard zur Unterbringung von Flüchtlingen festgeschrieben.

Schreibe einen Kommentar